Es ist die Kategorie mit dem höchstmöglichen Schutz. Andere Schutzgebiete sind - mit jeweils abnehmenden Schutzhöhen -
der Nationalpark,
das Biosphärenreservat,
das Landschaftsschutzgebiet,
der Naturpark.
Ende 2012 gab es in Deutschland 8.589 NSG mit einer Gesamtfläche von rund 13.400 km². Das sind ungefähr 3,6% der Landesfläche.
Die Länder kommen diesen von ihnen selbst freiwillig eingegangenen Verpflichtungen häufig nicht nach, wogegen die EU mit "Vertragsverletzungsverfahren" vorgeht. So waren z.B. für das Bundesland Brandenburg bis 1997 nur 12 Vogelschutzgebiete (SPA) gemeldet worden, denen erst nach Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens im Jahre 2004 weitere 19 Gebiete folgten (nach Zusammenlegungen sind es jetzt insgesamt 27 Gebiete). Die Verhältnisse sind in vielen anderen Bundesländern ähnlich.
Die EU wird als "Motor des Naturschutzes" (auch) in Deutschland bezeichnet, weil die meisten der Schutzgebietsausweisungen in den letzten 20 Jahren den Verpflichtungen aus den beiden genannten Richtlinien zu verdanken sind.
Rechtsgrundlage für ein NSG ist § 23 Bundesnatur-schutzgesetz. Danach sind NSG verbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein "besonderer Schutz" von Natur und Landschaft "erforderlich" ist
"zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen oder Lebensgemein-schaften bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten,
aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder
wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit."
Alle Handlungen, die zu einer "Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung" führen "können", sind verboten.
Diese Vorschrift gibt damit nur einen Rahmen, der für die praktische Umsetzung durch Naturschutzbehörden und Grundstücks"nutzer" zu wenig konkret ist. Zu jeder Unterschutzstellung ist deshalb noch eine "Erklärung" vorgesehen (§ 22 BNatSchG), in der die nötigen Maßnahmen (genaue Gebietsgrenzen, spezielle Schutzziele, einzelne Ge- und Verbote, notwendige Pflege usw.) festgelegt werden. Diese Erklärung geschieht meistens in Form der "Verordnung". Die verschiedenen NSG unterscheiden sich damit erst durch ihre Verordnungen. Jedes NSG kann (höchstens) so gut sein wie seine Verordnung. Innerhalb Deutschlands sollen geeignete Lebensräume ("Biotope") miteinander vernetzt werden. Dieses Netz soll "mindestens 10 Prozent der Fläche eines jeden Landes umfassen" (§ 20 BNatSchG). In der gesamten EU sind alle Vogelschutz- und FFH-Gebiete miteinander zu vernetzen. Dieses Netzwerk wird als "Natura 2000" bezeichnet (§ 31 BNatSchG). Die beschriebenen Regelungen für die NSG klingen sehr erfreulich. Aber leider werden sie viel zu oft nicht oder nicht ausreichend angewendet. Die im Folgenden genannten Beispiele sind keine Einzelfälle.
Das EU-Vogelschutzgebiet "Rhin-Havelluch" hat eine Größe von 56.122 ha. Davon sind (nur) 3.949 ha NSG (= 7 %). Wie soll das Gebiet ausreichend geschützt werden, wenn nur 7 % davon zum NSG erklärt werden?
Die Verordnungen sind häufig zu unbestimmt. Beispiel: "Folgende ...-maßnahmen werden als Zielvorgaben benannt: .....2. zur Erhaltung und Wiederherstellung der Artenvielfalt der Feucht- und Nasswiesen sowie für den Schutz der Wiesenbrüter sollen geeignete Bewirtschaftungstermine für die Grünlandnutzung angestrebt werden..." (§ 6 Nr. 2 der Verordnung für das NSG "Oberes Rhinluch").
Nach innerstaatlichem Recht besteht keine Verpflichtung, ein bestimmtes Gebiet als NSG auszuweisen. Anders ist es bei den beiden großen Naturschutzrichtlinien der EU. Das sind die Vogelschutzrichtlinie von 1979 und die Fauna-Flora-Richtlinie (FFH) von 1992. Nach diesen sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, alle Gebiete, die bestimmte objektive Kriterien erfüllen, der EU zu melden und ihnen dann einen angemessenen Schutzstatus nach dem Recht des jeweiligen Landes zu geben (in Deutschland also z.B. NSG).
Mehr als 60 % aller NSG sind kleiner als 50 ha. Wirksamer Schutz vor schädlichen Einflüssen aus der Umgebung (Absenkung Grundwasserspiegel, Spritzmittel, Beunruhigung durch Verkehr usw.) ist bei ihnen oft nicht möglich. Ähnlich ist es bei ungünstig geschnittenen NSG-Flächen (lange Grenzen, schmale Streifen). Von der an sich bestehenden gesetzlichen Möglichkeit, auch Schädigungen aus der Umgebung von NSG zu verbieten, wird nur selten Gebrauch gemacht.
Die meisten Verordnungen folgen einem einheitlichen Schema. Im § 4 stehen meistens die Verbote und im § 5 die zulässigen Handlungen. Am Anfang von § 5 steht meistens, dass die in § 4 genannten Verbote nicht für die "ordnungsgemäß ausgeübte Landwirtschaft" gelten (in jüngeren Verordnungen heißt es statt dessen: ... für die nach der "guten fachlichen Praxis" ausgeübte Land- und (ggf.) Forstwirtschaft). Das Eine ist so schlecht wie das Andere, denn beides sind unbestimmte Begriffe, die in den Gesetzen nur lückenhaft definiert sind. Ergebnis: In vielen Gebieten darf die Land- und Forstwirtschaft auch nach Unterschutzstellung weiterhin "fast alles".
Dieses Foto zeigt den ganzen Wahnsinn. Auch im NSG darf die Landwirtschaft die Äcker monatelang mit Folien zudecken, mit immer schwereren Maschinen befahren und ihre Chemikalien verspritzen. Aber der Sonntagsspaziergänger darf keine Pflanze abschneiden, Tiere beunruhigen oder Wege verlassen.- Letzteres ist ja in Ordnung, aber das Erste eben nicht. (Foto Gremlica)
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