
KRANICHE 2025 8.11.2025
In diesem Beitrag bringen wir Aktuelles zum Kranichjahr 2025 und Hinweise zu immer wieder gestellten Fragen. Wer "alles" über Kraniche wissen will, der schaue bitte auch in die früheren Beiträge.
Eine ausführliche Darstellung zu der ab Mitte Oktober aufgetretenen Vogelgrippe steht am Ende dieses Beitrags.

15.2.2025: In Spanien hat der Frühjahrszug begonnen. Dazu müssen die Kraniche über die noch winterlichen Pyrenäen. Ein Wahnsinnsbild! (c) foto M. Janregi

16.2.2025 In Deutschland überwintern ca. 20.000 Kraniche. - Das flache Wasser auf den Wiesen um unsere Kute ist überall gefroren. Seit ein paar Tagen kommen allabendlich ca. 70 Kraniche zur Übernachtung hierher - auf das Eis, weniger sicher als im flachen Wasser. Aber dieser Fuchs hat kein Interesse - oder tut er nur so - ist der Bauch voll - ist die Entfernung für einen Überraschungsangriff zu groß - oder sind es ihm zu viele scharfe Schnäbel? (c) foto ChrB

1.4.2025: Wenn man weiß, wo sie im letzten Jahr gebrütet haben - und viel Geduld hat - und eine sehr stark vergrößernde Optik (Spektiv oder Extremtele) - dann kann man sie vielleicht auch in diesem Jahr wieder entdecken. Entfernung ca. 200 m. Näher herangehen ist streng verboten. Das tollste Foto wäre es nicht wert, dass die Vögel vielleicht das Nest aufgeben. (c) foto ChrB

4.7.2025: "Kopula" heißt das bei den Biologen. Im Frühjahr kann man es gelegentlich beobachten, aber Anfang Juli ist es sehr ungewöhnlich. Wir denken doch immer, bei den Tieren geschehe alles nur zweckgebunden - aber die Küken aus erst im Juli gelegten Eiern würden den Winter wohl nicht überleben. Also nur "Pflege der Paarbindung" oder gar nur, weil es Spaß macht? Sind doch "nur" Tiere. Was meinen Sie? (c) foto CB

12.8.2025: Inventur bei "unseren" Kranichen. Im Umkreis von ca. 8 km beobachten wir in diesem Jahr 5 Paare, die hier gebrütet haben und jetzt noch 8 Junge "führen". Bei einem Paar hatten ein Kranichei und ein auffällig anders gefärbtes Ei im Nest gelegen und schließlich liefen dann ein Kranichküken und ein Gänseküken hinter den Altvögeln her. Die kleine Gans war aber bald verschwunden. Was hat diese Gänsemutter sich gedacht, als sie ihr Ei in das Kranichnest gelegt hat? Ein anderes Paar hat ihr zweites Küken "verloren" - bleiben also noch 8 Jungvögel, die jetzt schon so groß wie die Alten sind. Bis jetzt also ein außerordentlich gutes Ergebnis. Aber bis zum nächsten Frühjahr werden noch viele Jungvögel "verloren" gehen. Von unserem Turm aus sind noch keine Kraniche zu sehen. Die Paare halten sich mit ihrem Nachwuchs noch in der Umgebung ihrer Brutreviere auf. Aber Ende August fangen sie an, sich zu sammeln, und dann fliegen öfter schon kleine Trupps auch über den Turm. (c)foto CB
Die morgendlichen Zählungen in Linum haben wieder angefangen - Danke an die vielen ehrenamtlichen Zähler!
23.09.2025 21.100
30.09.2025 56.630
07.10.2025 >15.280 (Nebel!)
14.10.2025 23.690
21.10.2025 6.960
28.10.2025 5.730
04.11.2025 2.840
Am 13.10.2025 war der erste Tag in diesem Herbst mit größeren Abflügen, ohne dass gleich "Nachschub" aus dem Norden gekommen ist. Dieser Verlauf ist untypisch im Vergleich zu früheren Jahren - bedeutet aber nicht, dass die Kraniche auf "unserer" westeuropäischen Route insgesamt weniger geworden sind.
Wie kommt es dann zu so starken Schwankungen an den Schlafplätzen? Sie wechseln zwischen den Routen (wenig) - sie nutzen günstigen Wind (solche Wetterlagen gibt es in jedem Herbst mehrmals) - sie fliegen weiter, wenn sie wieder Kraft getankt haben und das Nahrungsangebot knapper wird (Hauptursache).
Was essen sie? Insekten, Regenwürmer, Mäuse - aber hauptsächlich pflanzliche Nahrung. Ekki hat sie einmal an einem Berg Alpenveilchenknollen gesehen, die ein Gärtner weggeworfen hatte. Am liebsten stehen sie auf abgeernteten Maisfeldern ("Maisstoppeln"), aber nicht, weil dort noch so viel Maiskörner bei der Ernte liegengeblieben wären. Maiskörner nehmen sie gerne. Mais wird auch für die "Ablenkfütterungen" benutzt. Aber für die Ernährung vieler 10.000 Kraniche über viele Wochen spielen diese Ernteverluste keine Rolle.
Vermutlich stehen sie am liebsten auf Maisstoppeln, weil sie dort einen weiten Blick über ihre Umgebung haben (Fluchtdistanz 200-300 m) und weil das im Herbst die einzigen relativ frisch abgeernteten Kulturen sind. Damit ist es vorbei, wenn der Landwirt die Flächen umgebrochen ("getellert") oder gar mit Gülle (Jauche) gedüngt hat. Je schneller er das nach der Ernte macht, umso schneller fallen diese Flächen dann für die Futtersuche der Kraniche aus.
Und nun zur Vogelgrippe:

8.11.2025: Ein Bild zum Heulen. Seit drei Wochen wütet die Vogelgrippe unter den Kranichen, die größtenteils aus Nordeuropa hier ankommen, um auf den großen Rastplätzen in Deutschland neue Kraft für den Weiterflug zu sammeln. Sie infizieren sich mit den fast immer tödlichen Varianten des Vogelgrippevirus und sterben innerhalb weniger Tage ganz jämmerlich. Auf dem Foto sammeln Helfer in Schutzanzügen am Stausee Kelbra tote Kraniche ein, um die Weiterausbreitung einzudämmen. Solche Haufen bleiben übrig von den stolzen Vögeln des Glücks. foto M. Rapp
Nach ersten Angaben aus Linum sind dort bis jetzt ca. 3.000 tote Kraniche eingesammelt worden. Das sind längst nicht alle, weil noch nicht alle gefunden worden sind. Der Riesenunterschied der diesjährigen Zählergebnisse (s.o.) zu den Verläufen in den Vorjahren beruht - zum Glück - nicht auf der Anzahl der gestorbenen Vögel, sondern darauf, dass seit zwei Wochen große Züge beobachtet werden, die in Linum nicht landen sondern weiterfliegen. Reagieren sie damit nur auf die Anzahl Menschen, die jetzt in "ihrem" Gebiet herumlaufen, um tote Vögel einzusammeln, oder merken sie anhand anderer Signale, dass am Boden tödliche Gefahr droht?
Vorstandskollege Axel Kruschat hat ein erstes Meisterstück geliefert und in einer Studie alle bis jetzt verfügbaren, belastbaren Äußerungen zu diesem Ausbruch der Vogelgrippe zusammengetragen. Viren finden sich überall und sind Teil unseres Lebens. Gefährlich wird es, wenn sich durch Mutationen neue Stämme bilden, auf die ihre "Wirte" noch nicht eingestellt sind. Solche Mutationen entstehen bevorzugt auch in Massentierhaltungen, in denen unnatürlich viele Tiere der gleichen Art unter Stress auf engstem Raum zusammen leben. Von dort gelangen sie auf vielen Wegen in die Umwelt: Abluft aus den Ställen; Mist und Gülle, die ohne irgendwelche Hygienemaßnahmen auf die Felder gebracht werden; Lieferverkehr usw.. Zu Zeiten des Vogelzuges dauert es nicht lange, bis die durchziehenden Nahrung suchenden Vögel sich infizieren und die Infektionen sich in den großen Vogelschwärmen verbreiten. Aber lesen Sie selbst. Axel hat sich alle Mühe gegeben, sich allgemeinverständlich und kurz auszudrücken.
Hintergrundpapier zur Vogelgrippe, Entstehung, Gefährdung,
Verbreitung hier
aktuelle Situation 8.11.2025 hier
